Kein Kindergeld für langzeitkranke Auszubildende
Hier erfahren Sie, ob es auch noch Kindergeld gibt, wenn Auszubildende langzeitkrank sind. Für ein volljähriges Kind, dass eine Ausbildung macht oder eine Universität besucht, können die Eltern weiter Kindergeld beziehen. Doch was ist, wenn das volljährige Kind gezwungen ist, wegen einer längeren Erkrankung seine Ausbildung zu unterbrechen. Besteht in der Zeit der krankheitsbedingten Unterbrechung weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld? Mit dieser Fragestellung musste sich jetzt der Bundesfinanzhof in München befassen.
Vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung für Kindergeldanspruch unschädlich
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 15.12.2021, Az. III R 43/20) fällt für die betroffenen Eltern des langzeitkranken Auszubildenden leider nicht erfreulich aus. Die Richter vertreten die Auflassung, dass der Kindergeldanspruch der Eltern weiterläuft, wenn die Krankheit des Auszubildenden nur vorübergehend ist. Dagegen besteht für langzeitkranke Auszubildende, die aller Voraussicht nach länger als sechs Monate ausfallen, in der Regel kein Anspruch auf Kindergeld mehr.
Familienkasse streicht Kindergeld für langzeitkranken Auszubildenden
In dem vorliegenden Fall hatte eine Familie Klage eingereicht, nachdem die Familienkasse die Kindergeldzahlung für den langzeiterkrankten Sohn eingestellt hatte. Der 19 Jahre alte Sohn hatte zuvor eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker begonnen. Während der Ausbildung ereignete sich ein tragischer Unfall, bei dem sich der Auszubildende einen Schädelbasisbruch und ein Schädel-Hirn-Trauma zuzog. Nach längerer Behandlung im Krankenhaus musste sich der Auszubildende in der Folge auch noch mehreren Rehamaßnahmen unterziehen, von denen die letzte Maßnahme 17 Monate nach dem Unfall durchgeführt wurde. Als die Familienkasse davon erfuhr, dass der Sohn der Familie seine Ausbildung für längere Zeit unterbrechen musste, stellt sie die Zahlung des Kindergelds ein.
Finanzgericht Münster gibt der Klage statt
Das wollte sich die Familie nicht gefallen lassen und zog vor Gericht. Zunächst hatte das Finanzgericht Münster der Klage der Familie auch noch stattgegeben. Die Münsteraner Finanzrichter waren der Ansicht, dass den Eltern trotz der langfristigen Erkrankung des Sohnes weiterhin Kindergeld zugestanden hat. Denn das Ausbildungsverhältnis haben trotz der langen Krankheit fortbestanden und der langzeiterkrankte Sohn seine Ausbildung auch zu Ende bringen wollen.
Bundesfinanzhof vertritt andere Rechtsauffassung
Der Bundesfinanzhof aber teilte diese Rechtsauffassung nicht und hob deshalb das Urteil des Finanzgerichts Münster im Revisionsverfahren wieder auf. Dazu erklärten die Richter, dass eine Unterbrechung der Ausbildung, beispielsweise aufgrund einer Krankheit, nicht zum Ende des Kindergeldbezugs führen muss, sofern die Unterbrechung nur vorübergehend ist. Dagegen hat eine Unterbrechung der Ausbildung, die die wie im vorliegenden Fall mit sehr wahrscheinlich länger als sechs Monate dauert, ein Auslaufen des Kindergeldanspruchs nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG zur Folge.
In Betracht käme im vorliegenden Fall aber stattdessen aufgrund des langwierigen Heilungsprozesses ein Kindergeldanspruch nach§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Das setzt voraus, dass der langzeitkranke Auszubildende behinderungsbedingt nicht dazu in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten.